Rita und Rotsch im Schwimmbad (Fortsetzung)

Vorwort
Ich weiss, diesen Bericht gibt es schon, aber Ihr esst auch nicht nur einmal pro Jahr Fondue, oder? Wenn doch: selber schuld ;-)

Jedenfalls sind wir mal ein paar Tage in Peking, so haben wir ein bisserl Zeit uns genauer umzuschauen, und wirklich wichtige Dinge wie eine ordentliche Laufstrecke oder eben ein Pool, der über die Badewannegrösse hinausgeht, zu finden.

Kapitel 1 - Auf Michael Phelps Spuren
Wir fahren raus zum Olympiagelände, dort haben sie ja für die Olympischen Spiele eine schnucklige Schwimmhalle direkt neben dem Vogelnest gebaut. Doch diese Schwimmhalle wird anscheinend langsam zu einem Museum für Sportgeschichte umgewandelt, jedenfalls ist da nix mit Schwimmen, was zu erwarten war. Dafür dürfen die Touristen einmal durch den Ort tingeln, wo der Phelps in der Tat Sportgeschichte geschrieben hat.

Weiter geht die Suche, nicht weit davon entfernt steht noch ein weiteres grösseres Sportgelände, und da werden wir fündig: Ein gedecktes Schwimmstadion mit einem 50-Meter-Becken und einer recht respektablen Zuschauer-Tribüne. Aber bis ins Wasser werden wirs nicht schaffen, so viel sei schon gesagt.

Kapitel 2 - Mitten im chinesischen Leben
Am Eingang wird wieder einmal unsere Körpertemperatur gemessen, mit so eine Art Pistole, an der Handfläche (Rita: 36.6°, ich: 36.8°), alles klar. Eintritt: repektable 50 Yuan (ca. 8 Stutz) pro Person, ohne Zeitlimit, yeahh (vgl. Bericht gleicher Art aus Vietnam). Wir kriegen so ein Papierticket, von welchem später der Coupon abgetrennt wird. Dann ab in die Badehosen und rein in die Halle. Rund um den Pool ein Gitter. Also ab zum Törchen. Törchensteherin will so eine Art Ausweis sehen. Ich zucke die Schulter und gebe ein "mei you"* von mir. Da drückt sie mir ein Papier in die Hand, wo in gutem englisch erklärt wird, dass für die Benützung des Pools eine "Tiefwasser-Lizenz" notwendig sei. Für diese Tiefwasserlizenz musst du einen Gesundheitscheck über dich ergehen lassen, 200 Meter am Stück geradeaus schwimmen können und sonst noch ein Kunststück im Wasser vollbringen. Und dies kostet dich nochmals 30 Yuan. Ob der Phelps diese Lizenz auch hatte?

Ich bin gerade durch mit Lesen, da taucht Rita aus der Kabine auf, geduscht, so wie es sich in der Schweiz gehört. Nach kurzer Beratung beschliessen wir, diese Lizenz zum Tiefwasser-Schwimmen nicht zu lösen und treten zum Rückzug an.

Wir wollen allerdings noch das Eintrittsgeld zurück. Auso, zurück zum Eingang, erklären, dass wir nun doch nicht schwimmen wollen bzw. können, da die Lizenz für vielleicht einmal schwimmen doch ein wenig übertrieben sei. Das Geld gibts zurück, wenn wir das Ticket zurückgeben. Wir holen das Ticket zurück, dann meint die Dame an der Kasse: "Das ist ja schon gebraucht". Aber natürlich, Lady, wir waren ja auch drinnen. Nach ein paar Diskussionen unter wahrscheinlich fast allen Angestellten des Hallenbads kriegen wir unser Geld zurück und ziehen von dannen.

Epilog
Diese Tiefwasserlizenz hat uns schon ein wenig belustigt, irgendwie. Ich meine, ist es wirklich die Verwantwortung des Hallenbadbetreibers zu prüfen, dass ein Nichtschwimmer nicht in ein Gewässer geht, wo er ersaufen könnte? Vor allem wenn man danach wieder am hektischen Leben auf Pekings Strassen teilnimmt, wo kaum jemand über eine fundierte Fahrausbildung verfügt. Die Fahrprüfung finde anscheinend auf einem abgesperrten Parcours zwischen ein paar Hütchen statt, haben wir uns sagen lassen.

Zur Verteidigung dieser Lizenz müssen wir allerdings noch anfügen, dass wir schliesslich noch ein Freibad gefunden haben, wo das 50-Meter-Becken nur 1.5 Meter tief ist (und folglich keine Lizenz notwendig ist (aber ersaufen kann man auch hier, oder?)). Und wenn wir die chinesischen Schwimmstile so beobachten, und zwar auch von jungen Erwachsenen, dann bringen wir doch ein gewisses Verständnis für diese Lizenz auf.

* mei you: wörtlich übersetzt "nicht haben", und kann als "nein" interpretiert werden, wenn ein Wunsch nach etwas ausgdrückt wird. Einer der wichtigsten und häufigst gebrauchten Begriffe in Mandarin (ein subjektiver Eindruck unsererseits), auch wenn Chinesen zusammen sprechen!